KINDER-SELBSTHILFEGRUPPEN

Freunde machen stark

Wenn alte Menschen mit einer Renten unterstützt werden, hilft dies auch anderen Mitgliedern im Haushalt, dem Ehepartner zum Beispiel oder einem behinderten erwachsenes Kind. Am weitaus häufigsten sind es Grosskinder, die bei den Grossmüttern aufwachsen. Von Beginn an erhielten jene Rentner/-innen, welche Kinder aufzogen, zusätzlich Unterstützung für jedes versorgte Kind. Dies ist zum Wohle beider Generationen, da die Kinder, vor allem wenn sie etwas älter sind, im Haushalt mithelfen: Sie holen Wasser und Brennholz und leisten den Alten Gesellschaft. 2014 lebten 750 Grosskinder bei Kwa Wazee Rentner/-innen.
Gleichzeitig mit den Nachbarschaftsgruppen wurde auch ein Netzwerk von kleinen Kindergruppen aufgebaut - auch zur gegenseitigen Unterstützung, zum gemeinsamen Sparen, um gemeinsam etwas zu verdienen oder um zu lernen wie beim Pflanzen bessere Erträge erreicht werden können. 'Tatu Tano' heisst das Programm, was auf Kisuaheli soviel heisst wie 'drei bis fünf' – kleine Gruppen in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Die vertiefte Arbeit mit Kindern zeigte die Notwendigkeit, Mädchen besser vor Missbrauch und Übergriffen zu schützen. Selbstverteidigungskurse für Mädchen erzielen vielsprechende Resultate. Sie werden nun in den meisten Dörfern angeboten. Als Ergänzung dazu thematisieren Kurse für Buben die Geschlechterrollen und gewalttätiges Verhalten.
Für diese Aktivitäten erhält Kwa Wazee Nshamba direkte Unterstützung von privaten Initiativen,

Was ist eine «von Kindern geleitete Organisation»?

    • Selbstorganisation und Beteiligung: Die Kinder organisieren sich in Gruppen und wählen ihre Leiter/-innen (75 % Mädchen), sie wählen ein oder mehrere Projekte zusätzlich zu ihren eigenen gemeinsamen Aktivitäten, sie berichten vierteljährlich über ihre Aktivitäten und die Finanzen in den Gruppen, sie sind bereit, die Aufgabe und die Verantwortung eines Moderators/einer Moderatorin zu übernehmen (in Selbstverteidigung, PiaD, «I feel it», als Agrarvermittler/-in und in Lerngruppen – rund 300 Moderator/-innen von TatuTano).
    • Psychosoziale Unterstützung: Informationen und Techniken zur Gewaltfreiheit und zum Selbstschutz, Unterstützung beim Aufbau des Selbstbewusstseins durch die Teilnahme in den Gruppen und den Clustertreffen, praktisches Lernen und Einüben von Kompetenzen wie z. B. Planung, Kooperation, gemeinsame Entscheidungen, Umgang mit Konflikten, finanzielle Bildung (Kredite, Gewinn und dessen Verwendung, Sparen etc.). Die Gruppen und Kurse bieten durch die häufige Interaktion eine besondere Möglichkeit zur Aufarbeitung von Traumata – dies im ländlichen Afrika ohne Fachpersonal. Gerade Mädchen sind oft Opfer sexueller Gewalt (bis zu 50 % in manchen Gegenden – beispielsweise im Distrikt Muleba) und trauen sich nicht, Betreuer/-innen oder Verwandten mitzuteilen, was ihnen passiert ist. Eine wichtige Erkenntnis stammt von Peter A. Levine («Sprache ohne Worte»): «Gruppen, Kurse und Begegnungen ermöglichen es betroffenen Kindern, Mitgefühl und Unterstützung (...) zu erhalten und zu integrieren, Sicherheit (…) zu erfahren und sich für den Kontakt mit anderen Menschen zu öffnen» (S. 147).
    • Förderung der Nachhaltigkeit durch eigenes Handeln der Mitglieder in der Gruppe, in den Clustern und im Wesentlichen in ihren Projekten – sie sollen in die Lage versetzt werden, «Macher/-innen» und auch «Ausbrecher/-innen» zu sein und ihre Rechte zu verteidigen – durch die Umsetzung von Bottom-up-Ansätzen zur Stärkung ihrer Fähigkeiten.

Selbstverteidigung für Mädchen. Ein Video von Harm van Atteveld, 6 Min.

Mehr zu diesem Thema

Ein Beitrag von Kurt Madörin zu TatoTano 2022 (Deutsch):
TatuTano - eine von Kindern und Jugendlichen geführte Organisation in Tansania (PDF)

Drei Beiträge von Kurt Madörin zu TatoTano (in Englisch):
TatuTano - a Child-led organisation
TatuTano - a tool for psychosocial support
TatuTano – a „complex system“

TatuTano-Bericht 2020: Informationen von Kurt Madörin zu TatoTano (PDF, 102 KB).

TatuTano-Bericht 2018: Informationen von Kurt Madörin zu TatoTano (PDF, 153 KB).

Kinder und Jugendliche mischen sich ein. Artikel von Kurt Madörin in MMS Bulletin #147 September 2018

“Empowering children affected by HIV/AIDS to meet their own needs through child-led organisations”: Dieser Text (in Englisch) basiert auf einer Studie, die Glynis Clatcherty für multisektorale Vereinigung RIATT-ESA schrieb. Er nimmt Bezug auf die Prinzipien einer kindergeführten Organisation und die Wirkung auf das psychosoziale Wohlbefinden von Kindern, die von HIV/AIDS betroffen sind.

"Tatu Tano – a portrait”, Ein detailliertere Beschreibung der Tatu-Tano-Selbsthilfegruppen (in Englisch).

“Self-defense for girls – a workbook”: Die 20 Themen des Arbeitsbuches vervollständigen das technische Training in Selbstverteidigung und unterstützen Mädchen beim Aufbau von schützenden Lebenskompetenzen (in Englisch).

“Impact assessment of Self Defense - the view of the participants”: Der erste Teil beschreibt die Aktivitäten in Nshamba, der zweite Teil fasst die Resultate einer Überprüfung zusammen und der dritte Teil verknüpft die Resultate mit Indikatoren zu psychosozialem Wohlbefinden (in Englisch).